Mensch ärgere dich doch besser nicht!
Kennst du das auch von gekauften Textilien? Nach dem ersten Mal waschen dreht sich z.B. die Seitennaht des Shirts nach vorne…das ist ja etwas, was ich überhaupt nicht leiden kann! Bei meinen selbst genähten Teilen ist sowas dagegen noch nie passiert. Deshalb meine erste Empfehlung, wenn es ums Selbernähen geht:
Achte auf eine gute Qualität des Materials!
Denn wenn du dir schon die Arbeit machst, dann soll es sich ja auch lohnen. Du möchtest ja noch länger etwas von deinem selbst genähten Stück haben!
Aber woran erkennst du eine gute Qualität?
Hier kommen eine paar Dinge, auf die du beim Stoffkauf achten solltest:
- Optik: Schau dir den Stoff genau an!
- Haptik: Geh im wahrsten Sinne des Wortes auf „Tuchfühlung“!
- „Schnupperprobe„: Wie riecht der Stoff?
- Material und Preis
- Gütesiegel
1) Optik: Schau dir den Stoff genau an!
- Die Struktur und Fäden sollten gleichmäßig sein (ausgenommen sind natürlich Stoffe, bei denen die ungleichmäßige Struktur ein Erkennungsmerkmal ist, wie z.B. Leinen, Wildseide oder Stoffe mit Effektgarnen). Die Gleichmäßigkeit kannst du ganz gut erkennen, wenn du das Material gegen das Licht hältst.
- Gedruckte Muster sollten auch an der Webkante (oder bei gestrickten Stoffen am Rand) klar und nicht verzogen sein.
- Das Muster sollte i.d.R. parallel zur Kante verlaufen. Ansonsten hast du es nämlich nachher schwer, beim Zuschnitt auf Fadenlauf UND Muster zu achten.
- Stoffe, bei denen Streifen oder Karos eingewebt sind (oder eingestrickte Streifen bei Maschenware), bei denen also das Muster durch verschieden farbige Fäden erreicht wird, sind i.d.R. hochwertiger als Stoffe, bei denen die Linien nur aufgedruckt sind.
- Bei Maschenware sollten die Maschen im Fadenlauf, also parallel zur Kante verlaufen. Ansonsten kann es dir nämlich passieren, dass sich nach dem Waschen die Nähte verziehen oder verdrehen.
2) Haptik: Fühle den Stoff an!
- Teste den Stoff nicht nur mit den Händen sondern auch an empfindlicheren Stellen wie z.B. Arm-Innenseite oder Halsgegend. Wenn sich der Stoff auch ohne Wollanteil schon kratzig anfühlt, ist das ein Zeichen für schlechtere Qualität. Das Kratzen kann dann nämlich von sehr kurzen Fasern kommen, die aus dem eigentlich glatten Gewebe herausstehen. Bei hochwertigeren Stoffen werden die kurzen Fasern in der Herstellung der Fäden nämlich rausgekämmt. Um das sehen zu können, halte den Stoff so ins Licht , dass du von der Seite her auf die Stoff-Oberfläche schaust
- Fühlt sich das Material irgendwie seifig oder gar klebrig an? Finger weg! Oft liegt das an eingesetzten Chemikalien, und die möchtest du nicht auf der Haut haben – gemeint sind hier keine gewachsten Stoffe für Tischdecken, aber die trägst du ja auch nicht auf der Haut 😉
- Wie verhält sich der Stoff? Knittert er z.B. sehr stark? Übermäßiges Knittern kann (außer bei Leinen) vor allem bei Baumwollstoffen ein Hinweis für mindere Qualität sein.
- Für Jersey gilt: Er sollte wieder in seine Form zurückspringen, wenn du ihn leicht auseinanderziehst. Leiert er beim diesem Test schon sehr aus, wird er das auch an deinem Körper tun. Dabei darf man natürlich nicht vergessen: Jersey aus reiner Baumwolle neigt generell mehr zum Ausleiern als Jersey, dem Elasthan beigemischt ist.
- Vor allem bei Strick- oder Fleecestoffen solltest du zwei Stofflagen ca. 10 Sekunden fest aneinander reiben. Bilden sich nach dieser kurzen Zeit bereits kleine Knötchen bzw. Kügelchen, das sogenannte Pilling, ist dies oft ein Zeichen von minderer Qualität. Pilling tritt häufig bei Kunstfasern auf. Es kann aber auch bei Wollstoffen vorkommen.
3) „Schnupperprobe“: Fällt dir etwas am Geruch auf?
Riecht der Stoff komisch oder streng, dann lieber Finger weg davon! Der Geruch kann von Chemikalien kommen, mit denen der Stoff behandelt bzw. ausgerüstet wurde. Das können Chemikalien zur Verbesserung der Trage- bzw. Pflegeeigenschaften aber auch vom Bleichen- oder Färben sein. Es können auch Zusatzstoffe sein, die für den Import eingesetzt wurden, damit z.B. keine „ungebetenen Gäste“ auf diesen Weise mit importiert werden. Diese Zusatzstoffe möchtest du auf keinen Fall auf deiner Haut haben und können im schlimmsten Fall sogar Allergien auslösen.
4) Material und Preis
Auch der Preis kann Aufschluss auf die Qualität eines Stoffes geben. Stoffe aus Kunstfasern sind in der Herstellung günstiger als die aus Naturfasern. So wird z.B. Acryl auch als Wollersatz verwendet. Es lohnt sich also zwei Mal hinzuschauen, wenn ein günstiger Wollstrick angeboten wird, du dir aber nicht eine Plastiktüte als Strickjacke umhängen möchtest…
An dieser Stelle muss man allerdings auch sagen, dass Kunstfasern nicht nur aus Kostengründen eingesetzt werden. Die Beimischung von Kunstfasern kann auch die Trage- und Pflegeeigenschaften eines Stoffes bzw. eines Kleidungsstückes verbessern, z.B. durch geringeres Knittern oder erhöhte Form- und Farbbeständigkeit.
Ob Naturfasern oder Kunstfasern für dich besser geeignet sind und welchen Anteil sie haben sollten, hängt also davon ab, was du später aus dem Stoff machen möchtest.
Meine generelle Empfehlung für den Online-Kauf: Greife auf Markenstoffe zurück und kaufe bei Händlern, deren Stoff-Qualität du von früheren Einkäufen kennst. Dies ist zwar kein Garant für gute Qualität, aber das Risiko ist definitiv geringer, als wenn du ein Schnäppchen bei einem dir unbekannten Händler machst.
5) Gütesiegel bzw. Textilsiegel
Darüber hinaus gibt es natürlich noch mehr Kriterien, um eine gute Qualität für deine Nähprojekte zu finden, sogenannte Gütesiegel bzw. Textilsiegel. Hast du davon schon gehört? Es gibt eine Vielzahl von Gütesiegeln, die Textilien (also sowohl fertige Kleidung aus dem Geschäft – sogenannte Konfektionsware – als auch Stoffe für die Weiterverarbeitung ) nach verschiedenen Kriterien klassifizieren und zertifizieren.
Diese Gütesiegel sind z.B. auch dann hilfreich, wenn du deine Stoffe online und nicht im Geschäft kaufst. Denn selbst, wenn du das Glück hast und der Händler Muster verschickt, sind diese oft sehr klein, so dass sich nicht alles so gut erkennen lässt.
OEKO-TEX® gehört vermutlich zu den weltweit bekanntesten Labels für schadstoffgeprüfte Textilien. Die Auszeichnung STANDARD 100 von OEKO-TEX® bedeutet, dass alle Bestandteile des Artikels auf Schadstoffe geprüft und für gesundheitlich unbedenklich befunden wurden. Das gilt für Stoffe aber auch für fertige Produkte und somit alle darin vorkommenden Zutaten und Bestandteile (also auch Fäden, Knöpfe, Reißverschlüsse und sonstige Accessoires). Dabei wird in 4 Produktklassen unterschieden, die sich je nach Einsatzgebiet und zulässigen Grenzwerten unterscheiden. Produktklasse 1 hat dabei die strengsten Anforderungen und Grenzwerte, z.B. für Baby-Produkte.
Mehr Infos darüber findest du hier: https://www.oeko-tex.com/
Darüber hinausgehend gibt es mittlerweile aber auch Siegel, die Textilien nicht nur nach gesundheitlichen, sondern auch nach ökologischen und sozialen Kriterien zertifizieren. Hier werden dann z.B. auch Nachhaltigkeit, Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz, Chemikalienmanagement und soziale Verantwortung beurteilt.
Die wichtigsten Textilsiegel in diesem Zusammenhang sind:
- Naturtextil IVN zertifiziert BEST
- OEKO-TEX® – Made in Green.
- Faitrade.
- Global Organic Textile Standard (GOTS)
- Cradle to Cradle.
- Der Blaue Engel.
- EU Ecolabel.
- Fair Wear Foundation (FWF)
- Blue Design
- Grüner Knopf
Wenn dich das Thema „Textilsiegel“ interessiert, kannst du unter den folgenden Links noch mehr in die Materie eintauchen:
https://utopia.de/ratgeber/siegel-kleidung-textilien-ohne-gift-textilratgeber-greenpeace/
https://www.talk2move.de/neuigkeiten/die-wichtigsten-guetesiegel-fuer-textilien/
Greenpeace hat zu diesem Thema sogar einen kostenlosen Einkaufsratgeber zum Download zur Verfügung gestellt: „Textilsiegel im Greenpeace-Check“. Hier findest du Empfehlungen für umweltfreundliche und faire Mode:
Liebe Grüße und viel Spaß beim nächsten Stoffeinkauf,
deine Birgit
Die Auszeit näh‘ ich mir!
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